Taufgedichte

 

 

 

Die Taufe ist unsere Willkommensgeste an das Kind.         

Ein spezielles Gedicht zur Taufe ist unser Geschenk an den heranwachsenden Menschen.

Ein Kind braucht umfassende Fürsorge.

Zugleich gibt uns auch etwas, nämlich eine neue Sicht auf das Leben.

Wir können von ihm lernen:

Willkommen

 

Willkommen auf diesem Planeten,
willkommen in unserer Welt!
Wir fangen an zu ahnen:
du hast uns bisher noch gefehlt.

Wir wollen von dir lernen,
wie man vollkommen lacht –
ganz unbeschwert und völlig frei
von dem, was Sorgen macht.

Wir wollen von dir lernen,
wie man Trauer zeigt –
öffentlich und tränenreich
und nicht voll Scham still schweigt.

Wir wollen von dir lernen,
wie man entrüstet schreit,
ganz spontan und ungehemmt
und dann ganz schnell verzeiht.

Wir wollen von dir lernen,
dass alles aus Wundern besteht –
jedes Blatt, jedes Tier, jeder Finger von dir
und der Wind, der ums Haus herum weht.

Wir wollen mit dir gemeinsam
durch dieses Leben gehn:
uns streiten, versöhnen,
kämpfen, verwöhnen,
uns halten und fassen
und auch wieder lassen,
uns in die Augen sehn
und lernen zu verstehn.

©Renate Eggert-Schwarten

Das nächste Gedicht zur Taufe sollte von einem Erwachsenen und einem Kind gemeinsamen vorgetragen werden. Ich habe es zur Taufe eines Kindes von Freunden geschrieben und es in der Kirche zusammen mit meiner Tochter als Lied gesungen. Der Erwachsenen-Text war der Refrain und wiederholt sich deshalb immer wieder als Antwort auf die kindlichen Wünsche. Die Verse lassen sich aber auch ohne Melodie als Taufgedicht einfach im Wechsel vortragen:

Gedicht zur Taufe für Zwei

 

Kind:
Wenn ich groß bin, wünsch ich mir
Ein Haus wie Barbie mit Klavier,
ich wohn darin mit Mann und Kind
und klar ist, dass wir glücklich sind.

 

Erwachsener:
Träume, was du träumen willst,
wünschen darf man viel,
doch vergiss das Eine nicht
auf deinem Weg zum Ziel:
ein Stück liegt in deiner Hand,
es wird wahr mit Mut und Verstand,
doch der Rest, mein Kind, bleibt, das bedenk,
ein riesengroßes Geschenk.

 

Kind:
Wenn ich groß bin, hoffe ich,
alle Leute mögen mich.
Ich werd klug sein, gut und schön,
so dass sie alle nach mir sehn.

 

Erwachsener:
Träume, was du träumen willst,
wünschen darf man viel,
doch vergiss das Eine nicht
auf deinem Weg zum Ziel:
ein Stück liegt in deiner Hand,
es wird wahr mit Mut und Verstand,
doch der Rest, mein Kind, bleibt, das bedenk,
ein riesengroßes Geschenk.

 

Kind:
Wenn ich groß bin und hab Geld,
ändre ich die ganze Welt.
Alle Menschen, groß und klein,
sollen satt und glücklich sein.

 

Erwachsener:
Träume, was du träumen willst,
wünschen darf man viel,
doch vergiss das Eine nicht
auf deinem Weg zum Ziel:
ein Stück liegt in deiner Hand,
es wird wahr mit Mut und Verstand,
doch der Rest, mein Kind, bleibt, das bedenk,
ein riesengroßes Geschenk.

 

Kind:
Wenn ich groß bin, wünsch ich mir,
du bist dann noch immer hier,
alt, gesund und weise dann,
dass ich dich alles fragen kann.

 

Erwachsener:
Träume, was du träumen willst,
wünschen darf man viel,
doch vergiss das Eine nicht
auf deinem Weg zum Ziel:
ein Stück liegt in deiner Hand,
es wird wahr mit Mut und Verstand,
doch der Rest, mein Kind, bleibt, das bedenk,
ein riesengroßes Geschenk.

©Renate Eggert-Schwarten

Eines der bekanntesten Gedichte zum Thema „Kinder“ ist von Khalil Gibran. Die Verse werden immer wieder gerne als Taufspruch verwendet, auch wir haben sie vor nun dreißig Jahren für die Geburtsanzeige unseres ersten Kindes gewählt.

Sie sollen auch hier ihren Platz finden:

Deine Kinder sind nicht deine Kinder

 

Deine Kinder sind nicht deine Kinder,
sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selbst.
Sie kommen durch dich, aber nicht von dir,
und obwohl sie bei dir sind, gehören sie dir nicht.
Du kannst ihnen deine Liebe geben, aber nicht deine Gedanken,
denn sie haben ihre eigenen Gedanken.
du kannst ihrem Körper ein Heim geben, aber nicht ihrer Seele,
denn ihre Seele wohnt im Haus von morgen, das du nicht besuchen kannst,
nicht einmal in deinen Träumen.
Du kannst versuchen, ihnen gleich zu sein,
aber suche nicht, sie dir gleich zu machen,
denn das Leben geht nicht rückwärts und verweilt nicht beim Gestern.
Du bist der Bogen,
von dem deine Kinder als lebende Pfeile ausgeschickt werden...
Lass deine Bogenrundung in der Hand des Schützen Freude bedeuten.

Khalil Gribran